Umfahrungstrasse Oldenburg von Prof. Dr. Wolfgang Eber

Herr Prof. Dr. Wolfgang Eber hat der Fraktion Ausarbeitungen zu den Themen „Umfahrungstrasse Oldenburg“ und „Planerische Voruntersuchungen für eine Eisenbahnumfahrungstrasse in Oldenburg“ zur Verfügung gestellt, die wir hier veröffentlichen, da sie mir unserer Sichtweise weitestgehend überein stimmt.

 

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Prof. Dr. Wolfgang Eber ist Botaniker und hat in Göttingen Biologie studiert und promoviert. An der TU Berlin hat er habilitiert. Der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg gehörte er seit 1974 bis zu seinem Ruhestand als Professor der „ersten Stunde“ an. 

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Prof. Dr. Wolfgang Eber                                                                                      Dezember 2012                                                                                       

Umfahrungstrasse Oldenburg

Einleitung

Das Thema Umgehungstrasse beschäftigt Oldenburg mittlerweile seit fast zehn Jahren. Da bei den vielfältigen Informationen aus sehr unterschiedlichen Quellen die Grenze zwischen gesicherten Fakten und vom Wunschdenken bestimmten Darstellungen oft nicht erkennbar ist, herrscht bei den vielen Betroffenen und Interessierten große Unsicherheit. Der Rat der Stadt hat selbst durch eine sehr selektive und zu einem erheblichen Teil falsche Darstellung zu dieser unbefriedigenden Situation beigetragen. Deshalb sind die Erwartungen nicht sehr hoch, wenn der Rat sich jetzt endlich entschließt, durch geeignete Presse- und Öffentlichkeitsarbeit „derzeit bestehenden Informationsdefizite“ der „betroffenen Nachbarkommunen und beteiligter Behörden zu beseitigen“. Mit dieser Aufgabe betraut wurde ein „Projektbeirat Bahnumfahrung A 29“, ein interfraktionelles Gremium mit OB, Baudezernentin, Vertretern der Ratsfraktionen und dem Stadtsprecher. Die Zusammensetzung mit einer Dominanz der Politik und dem Ausschluss des fachlichen Sachverstandes  deutet eher auf eine Propagandafunktion hin, soweit es die Informationen betrifft. Im Antrag der Fraktion „Die Grünen“  werden unter den Aufgaben nur die Darstellung der Vorteile einer Bahnumfahrung für Oldenburg sowie die juristisch die Anlage einer geeigneten Taktik zur Durchsetzung des Ziels im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens genannt. Die Beschränkung auf die juristischen Aspekte ist sicher auf die durchweg negativen Ergebnisse der Voruntersuchungen zurückzuführen. Auch die Einstufung der Projektgruppe als  „Kungelgremium“ (Gesine Multhaupt, SPD, laut Presse) ist sicher nicht unbegründet. Zudem sollen gesellschaftlich relevante Einflussnehmer der Region wie Universität, IHK und Naturschutzverbände mit eingebunden werden, allerdings bestehen wohl noch keine Vorstellungen darüber, wie das geschehen soll. Die genannten Adressaten werden sicher ein kritisches und kompetentes Publikum sein, das umfassende und fachlich abgesicherte Informationen erwartet. Mittlerweile ist auch das Planfeststellungsverfahren für den Streckenabschnitt Rastede - Oldenburg der Bestandsstrecke näher gerückt, bei dem die Stadt Oldenburg auf einen in Bezug auf Bahnthemen äußerst kompetenten Kontrahenten trifft. Dort müsste man die Einforderung einer Bahnumfahrung um Oldenburg mit stichhaltigeren Argumenten versehen, als sie aus der Ratsarbeit und der Begründung des Antrags bekannt sind.

Die vorliegende Darstellung, die auf der Grundlage von Gutachten und anderen vorhandenen Unterlagen gegründet ist, ist ein Versuch, die Problematik und den derzeitigen Kenntnisstand umfassend und für einen breiteren Interessentenkreis verständlich darzustellen. Vorausgegangen war eine intensive Befassung mit den von der Stadt angefertigten oder in Auftrag gegebenen Gutachten. Dabei wurden die wichtigsten Aussagen der Gutachten zur Eignung des Gebietes und zur Machbarkeit einer Bahnumgehungstrasse herausgearbeitet. Diese wurden vom Rat der Stadt nicht korrekt wiedergegeben. Notgedrungen nehmen Naturschutz und Landschaftspflege einen überproportional großen Raum, weil sie bisher nicht das Interesse des Rates gefunden haben. Auch die sehr wichtige Akzeptanz des Projektes wurde einbezogen, da darin konträre Positionen erkennbar werden.

In dieser Darstellung blickt der Biologe gelegentlich über den Tellerrand und überschreitet dabei auch stellenweise seinen Kompetenzbereich. Hinweise auf Fehler sind aber sehr willkommen und werden gern berücksichtigt.

Hinterlandanbindung des Jade-Weser-Ports

Der Ausbau der Bestandsstrecke ist unumstritten die schnellste, kostengünstigste und problemloseste Lösung der Hinterlandanbindung für die Planungsträger. Nach Einschätzungen in Fachgutachten reicht diese Maßnahme  auch auf lange Sicht aus.  Engpässe der Hinterlandanbindung sind  vielmehr der Bremer Knoten, der von den Hinterlandverkehren der Häfen Bremen, Bremerhaven, Brake, Nordenham und Wilhelmshaven durchfahren wird, und die Strecke Bremen - Hannover. Ähnlich wie in Oldenburg befindet sich auch in Bremen mit der sogenannten „Oldenburger Kurve“ eine „Ertüchtigungsmaßnahme“ zur schnellen Steigerung der Streckenkapazität in der Planfeststellung,  während eine Umgehungstrasse für den Güterverkehr um Bremen herum als ein längerfristiges Projekt dargestellt wird.

Vor diesem Hintergrund sind bereits Überlegungen angestellt worden, ob die Strecken Oldenburg -  Leer und Oldenburg - Cloppenburg - Osnabrück für eine Entlastung der Strecke Oldenburg - Bremen - Hannover in Anspruch genommen werden könnten:

  1. Umfahrung Oldenburg (Verbindungskurve)

Für den Verkehr nach Leer müsste eine Verbindungskurve aus Richtung Wilhelmshaven parallel zur A 29 (das kommt uns bekannt vor) führen und vom Osten her in den Hauptbahnhof einfädeln, ohne die Hunte zu queren. Diese Lösung wird verworfen wegen des Aufwands für die erforderliche Verbindungskurve und der Eingleisigkeit der Strecke Oldenburg - Leer.

  1. Für die Strecke Oldenburg - Cloppenburg - Osnabrück wird festgestellt, dass sie  schon jetzt für die Umleitung der Züge aus Wilhelmshaven geeignet sei. Langfristig sei die Elektrifizierung der Strecke positiv zu bewerten und daher für den Bundesverkehrswegeplan vorzuschlagen. Die Notwendigkeit einer Umgehungstrasse wäre hierbei nicht gegeben. Das niedersächsische Verkehrsministerium hat bereits begonnen, einen Vorschlag zur Aufnahme in den Bundesverkehrswegeplan vorzubereiten.

Es ist offensichtlich, dass vor dem Hintergrund dieser Überlegungen kein Interesse an einer Umgehungstrasse um Oldenburg besteht.

Planfeststellungsverfahren

In diesem Jahr wurde der Jade-Weser-Port in Betrieb  genommen, sein Betrieb läuft anscheinend jedoch erst langsam an. Allerdings ist mit einem kontinuierlichen Anstieg des Güterzugverkehrs zu rechnen, der die schnelle Schaffung von Lärmschutz und Bahnkreuzungsanlagen wünschenswert macht. Vermutlich in der ersten Hälfte des Jahres 2013 beginnt das Planfeststellungsverfahren für den Streckenabschnitt  1 Rastede - Oldenburg. Dabei werden die Ausbaumaßnahmen vorgestellt, und die Betroffenen können Einsprüche einlegen und, wenn diesen nicht stattgegeben wird, Klage erheben.   Erst nach Abschluss der Planfeststellung kann der Ausbau abgeschlossen werden. Sollte die Forderung nach einer Umfahrungstrasse Erfolg haben, müsste für diese ein neues Planfeststellungsverfahren durchgeführt werden, dessen Dauer Stadtbaurätin Nießen auf zehn oder gar  fünfzehn Jahre schätzt. Natürlich wären vorher auch planerische Voruntersuchungen für die Feststellung der Machbarkeit und als Grundlage für die Mittelbeantragung durchzuführen.

Eine Entscheidung zugunsten einer Umgehungstrasse setzt allerdings voraus, dass diese Lösung als sinnvoll und machbar dargestellt werden kann. Das ist beim derzeitigen Oldenburger Kenntnisstand allerdings nicht erkennbar. Bisher konzentrierten sich die Untersuchungen auf einige wenige fiktive Trassen unmittelbar neben der Autobahn A 29, die als besonders umweltverträglich und kostengünstig eingeschätzt wurden. Inwieweit diese Erwartungen bestätigt werden konnten, soll im Folgenden noch dargestellt werden. Entscheidender war allerdings, ob die Ergebnisse die Machbarkeit einer Umgehungstrasse bestätigen und deren Verlauf darstellen konnten. Diese Frage kann eindeutig mit „nein“ beantwortet werden. Ein entscheidendes Manko ist das Fehlen bahntechnischer Untersuchungen, ohne die eine Beurteilung der Eignung nicht möglich ist. Ohne Kenntnis der konkreten Lage einer Trasse sind zudem weder Aussagen über die Umweltverträglichkeit (Natur, Anwohner) möglich,  noch können Kostenansätze für die Mittelbeantragung vorgenommen werden. Auf die Notwendigkeit der  „grundsätzliche Bereitschaft seitens der DB zur Mitwirkung bei den  planerischen Voruntersuchungen“ hatte schon der damalige Stadtbaurat Dr. Pantel  im Mai 2010 im Bauausschuss hingewiesen.

Finanzierung des Projektes durch den Bundesverkehrswegeplan

Der Bundesverkehrswegeplan ist ein Investitionsrahmenplan und Planungsinstrument, nach dem die finanzielle  Ausstattung größerer Projekte geregelt wird. Folgende Kriterien sind für die Bewertung der Anträge ausschlaggebend:

  1. Die Prioritäten ergeben sich prinzipiell aus dem Nutzen-Kosten-Verhältnis.
  2. Die raumordnerische Bedeutung (Bedeutung für größere Gebietseinheiten wie Regionen und Länder)  und netzkonzeptionelle Überlegungen gehen ebenfalls ein.
  3. Alle Vorhaben werden umwelt- und naturschutzfachlich untersucht und hinsichtlich ihrer ökologischen Risiken eingestuft: Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) durch das Bundesamt für Naturschutz.
  4. Es erfolgt eine Zuordnung zu den Dringlichkeitsstufen: „Vordringlicher Bedarf“ und „Weiterer Bedarf“.
  5. Die Anmeldungen werden von den Ländern nach deren Prioritäten vorgenommen.

Das Projekt „Hinterlandanbindung des Jade-Weser-Ports“ ist auf diesem Wege finanziert worden und hatte die dafür notwendige Bewertung „Vordringlicher Bedarf“ erhalten. Von besonderer Bedeutung ist ein positives Nutzen-Kosten-Verhältnis, das für eine Bahnumfahrung jetzt nur gegeben wäre, wenn die Bestandsstrecke nicht ausgebaut würde oder erst wieder später, wenn sich durch einen weiteren Ausbau des Jade-Weser-Ports ein zusätzlicher Bedarf ergäbe. Netzkonzeptionelle Überlegungen wurden unter „Hinterlandanbindung des Jade-Weser-Ports“ dargestellt und sprechen derzeit nicht für ein Interesse an einer Bahnumgehung. Die Landesregierung sieht die Notwendigkeit einer Bahnumgehung deshalb nur bei einem zusätzlichen Infrastrukturbedarf im Zusammenhang mit weiteren Ausbaustufen des Jade-Weser-Ports (Erklärung der Landesregierung vom 9.11.2012). Dass mit der Planung der Oldenburger Umfahrungstrasse ökologische Risiken (Naturschutz) verbunden sind, dürfte hinreichend bekannt sein.

Mit der Aufnahme in den Bundesverkehrswegeplan ist keine Mittelzusage verbunden. Da dieser chronisch unterfinanziert ist,  müssen mittlerweile selbst als „vordringlicher Bedarf“ eingestufte Projekte immer länger auf eine Finanzierungszusage warten.

Die Stadt Oldenburg sieht deshalb den einzig möglichen Weg zu einer schnellen Verwirklichung der Bahnumgehung darin, im Planfeststellungsverfahren eine Umwidmung der für den Ausbau der Bestandsstrecke vorgesehenen Mittel für den Bau einer Bahnumgehung durchzusetzen. Dabei soll die Umfahrung sofort als Maßnahme des „Ausbaus durch Umfahrung“ ebenso wie in Sande auf der Grundlage des derzeit aktuellen Bundesverkehrswegeplanes erfolgen.

Der Vergleich mit der Ortsumfahrung Sande hinkt allerdings in mehrfacher Hinsicht. Die Bahnumfahrung in Sande ist ein vergleichsweise kleines Projekt, das in seiner Größenordnung etwa dem projektierten Bahnübergang Alexanderstraße entspricht und wie dieser nicht aus dem aktuellen Bundesverkehrswegeplan finanziert wird. Im Übrigen stehen für den Ausbau der Bestandsstrecke im Abschnitt Rastede/Oldenburg nur noch knapp 100 Mill. Euro zur Verfügung, ein Bruchteil der für die Bahnumfahrungstrasse benötigten Mittel. Wie bereits erwähnt, ist für eine Umfahrungstrasse ein neues Planfeststellungsverfahren nicht zu umgehen.

Flächennutzungsplan und Grundstückserwerb

Die für den Bau der Trasse benötigten Grundstücke haben überwiegend Besitzer und Nutzer, bei denen die Bereitschaft zum Verkauf nicht zu erwarten ist. Außerdem besteht für das gesamte Stadtgebiet ein Flächennutzungsplan, der alle Nutzungen schützt, die damit in Einklang stehen. In vielen Fällen ist bei einem Flächenverlust die Existenz eines landwirtschaftlichen Betriebes bedroht. Auf jeden Fall ist eine Änderung des Flächennutzungsplanes notwendig mit Einwendungen und Klagen. Eine Änderung des Flächennutzungsplanes ermöglicht nun wohl andere Nutzungen, zwingt aber niemanden zum Verkauf. Probleme dürfte es im Nordteil des Gebietes südlich von Wahnbek geben, der zur Gemeinde Rastede und damit zum  Landkreis Ammerland gehört. Hier hat die Stadt Oldenburg keine Planungshoheit. Der Landkreis Ammerland hat bereits in einer Resolution die Stadt Oldenburg aufgefordert, Planungsaktivitäten und Forderungen auf  Ammerländer Gebiet zu unterlassen.

Naturschutz und Landschaftpflege

Eine Besonderheit des Planungsgebietes ist seine Ausstattung mit hochwertiger Natur- und Landschaft, die in einer nahezu lückenlosen Aneinanderreihung von Schutzgebieten von Wahnbeck im Norden bis nach Neuenwege südlich der Hunte ihren Niederschlag gefunden hat. Es handelt sich dabei um die naturräumlichen Einheiten Rasteder Geestrand, Moorplacken und Oldenburger Huntemarsch. Der Landschaftsrahmenplan der Stadt Oldenburg mit einem 494 seitigen Textband und einem separaten Kartenband informiert ausführlich über das Gebiet. Karte 2 (Wichtige Bereiche für Arten- und Lebensgemeinschaften) macht deutlich, dass eine Umfahrungstrasse in einem Gebiet gebaut werden müsste, das ausschließlich aus Lebensräumen mit höchster (Oldenburger und Donnerschweer Huntewiese, Blankenburger Holz mit hunteseitigen Randbereichen, Etzhorner Büsche) oder zumindest hoher Bedeutung für Arten und Lebensgemeinschaften besteht. Die Karte 3 (wichtige Bereiche für Vielfalt, Eigenart und Schönheit von Natur und Landschaft) weist nahezu den gesamten Geestrand sowie Bornhorster und  Donnerschweer Huntewiese  und Blankenburger Holz als höchstwertig und selbst die Randbereiche der A 29 als hochwertig, den nördlichen Teil der Etzhorner Büsche sogar als höchstwertig aus.

Naturschutz und Landschaftspflege sollen das erhalten, was anderorts durch den jahrtausende langen Vorrang menschlicher Interessen vernichtet worden ist. Landschaftsschutzgebiete dienen dabei vor allem der Erhaltung von Vielfalt, Eigenart und Schönheit des Landschaft, aber auch der Erholung in der freien Landschaft; sie sind vor allem im besiedelten und siedlungsnahen Bereich zu schützen und vor Verunstaltung , Zersiedlung und sonstigen Beeinträchtigungen zu bewahren. In Naturschutzgebieten sollen lebensfähige Populationen wild lebender Tiere und Pflanzen einschließlich ihrer Lebensstätten erhalten werden. Einen besonderen Schutzdurch europäische Richtlinien gilt Gebieten, die Bestandteil des ökologischen  Netzes „Natura 2000“ sind. Hierzu gehören auch die Huntewiesen, die von der Seefeldt-Trasse beeinträchtigt werden würden.  Bei allen Naturschutzmaßnahmen ist die dauerhafte Sicherung zu gewährleisten. Diese Ausführungen sind weitgehend wörtlich dem „Gesetz über Naturschutz und Landschaftspflege (Bundesnaturschutzgesetz)“ entnommen. „Mehr und mehr Kommunen erkennen den hohen Stellenwert der biologischen Vielfalt für das Gemeinwesen. Denn Städte mit viel Grün sind attraktiv. Städte und Gemeinden, die den Schutz von Lebensräumen und Tier- und Pflanzenarten in die Planungen einbeziehen, haben eine hohe Lebensqualität und erzeugen daher einen Mehrwert für die Bürgerinnen und Bürger.“ So heißt es in einer vom Bundesumweltministerium, dem Bundesamt für Naturschutz und der Deutschen Umwelthilfe initiierte Deklaration zur biologischen Vielfalt aus dem Jahre 2010, die auch von der Stadt Oldenburg unterzeichnet wurde.

Obwohl im großen Umfang hochwertige Natur und Landschaft vom Bau einer Umgehungstrasse betroffen wäre, hat sich der Rat anscheinend nicht mit den „ökologischen Risiken“ befasst und keine Stellungnahme des Fachdienstes Naturschutz mit der Unteren Naturschutzbehörde für die Bewertung der Eingriffe eingeholt, die mit dem Bau einer Umfahrungstrasse verbunden wären. Deshalb soll an diese Stelle das Thema Naturschutz eine angemessene Darstellung finden. Sollte eine Umgehungstrasse gebaut werden, müssten im großen Umfang Schutzverordnungen aufgehoben werden. Da die Trassenführung nicht bekannt ist, sind derzeit noch keine Aussagen über das Ausmaß der Eingriffe und deren Ausgleichbarkeit möglich. Richtig ist, dass eine Trasse unmittelbar der Autobahn die geringsten Flächenverluste verursachen würde. Pauschal, d.h. ohne Untersuchungen am Standort, gehen die Gutachter der Firma NWP von einem Störungsbereich von 200 m beiderseits der A 29 aus. Für eine Bahntrasse werden identische Reichweiten der Störungen angenommen. Mit zunehmender Entfernung der Bahntrasse von der Autobahn würden die  Immissions- und Zerstörungsbereiche sukzessive ausgeweitet, und es würden nicht nutzbare Flächen zwischen A 29 und Bahntrasse entstehen.

Die Annahme eines Störungsstreifens dieser Größenordnung gilt hauptsächlich für die Fluchtdistanz von Vögeln. Hochwertige Lebensgemeinschaften anderer Artengruppen sind aber  bereits unmittelbar neben der Autobahn zu finden. Beispiele dafür sind zwei der drei noch erhaltenen Reste ursprünglicher Wälder in Oldenburg, die beide bereits beim Autobahnbau zerschnitten wurden, nämlich die Etzhorner Büsche und das Blankenburger Holz. Von ihnen würden nun erneut größere Flächen der Säge zum Opfer zu fallen, die freigestellten und nicht an Windbelastung angepassten Reste würden wie bereits beim Autobahnbau durch Windwurf Folgeschäden erleiden. Diese Eingriffe wären nicht ausgleichbar.

Die Landwirtschaft hat im gesamten Gebiet auch eine wichtige Funktion als Landschaftspfleger. Das bedeutet, dass ihre Lebensfähigkeit nicht durch Flächenverluste und -zerschneidungen in Frage gestellt werden dürfte. Dazu müsste die Bewirtschaftung der der ausgedehnten Grünlandflächen auch während des  Trassenbaus  von Brücken und Tunnels gesichert sein.

Die Flächeninanspruchnahme würde sich nicht auf die Trassenbreite beschränken, denn für den Baustellenverkehr und Materiallagerung müssten weitere Flächen in Anspruch genommen werden, deren Dimension derzeit nicht bekannt ist.

Unklar ist auch, wie und wo die benötigten  leistungsfähigen Zuwegungen Platz finden sollten. Das könnte ein Hauptproblem werden, denn fast alle Verkehrswege im Gebiet sind Feldwege,  die zum Teil sogar unbefestigt sind (Ellerholtweg, Helmskamp).  Die Kapazität leistungsfähigerer  Straßen wie Elsflether und Butjadinger Straße wird bereits jetzt voll ausnutzt.  Mit ihren alten Baumbeständen sind dieFeldwege des Gebietes landschaftsprägende Elemente  des Landschaftsschutzgebietes Oldenburg-Rasteder Geestrand. Falls das Zuwegungsproblem durch einen Neubau parallel zur Trassenbaustelle gelöst werden sollte, würde das zu einer weiteren Inanspruchnahme von Flächen im Landschaftsschutzgebiet führen. Die Baustellenerschließung ist also eine Kardinalfrage, die vordringlich zu beantworten wäre.

Ein weiteres Problem in der Bauphase wäre die enorme Lärmbelastung durch pausenlos tätige Planierraupen bei den umfangreichen Erdbewegungen sowie die Beunruhigung durch optische Reize. Der  weit reichende Baustellenlärm und der von den Zügen ausgehende Lärm vor der Installation von Lärmschutzwänden könnte zu einer Verdrängung von sensiblen Arten führen. Am Bornhorster See befindet sich zum Beispiel ein bedeutendes Vorkommen der seltenen Nachtigall. Kann man überhaupt davon ausgehen, dass auch zum Schutz der Natur Lärmschutzwände installiert werden? Offensichtlich besteht zu diesem Problem noch ein großer Informationsbedarf.

Letzter Punkt wären die Auswirkungen der Baumaßnahme auf das Landschaftsbild. Besonders herauszuheben ist, dass der Eingriff gerade im empfindlichsten und namensgebenden Bereich des Landschaftsschutzgebietes stattfindet, nämlich dem Geestrand, wo das Gelände auf wenigen 100 m von 20 m ü. NN auf der Geest in die Niederungen der Moorplacken abfallen, die nur knapp über dem Meeresspiegel liegen. Weiter muss man davon ausgehen, dass neben der Autobahn nicht nur der Platzbedarf für die Bahntrasse befriedigt werden müsste, sondern zusätzlich auch Flächen für die Baustelle und Zuwegungen vorgesehen müssten. Gehölze wirken in besonderem Maße landschaftsbildprägend, und insofern wären die größeren Einschläge bei den Etzhorner Büschen und im Blankenburger Holz schwerwiegende Eingriffe. Die als Schutzgehölze entstandenen fast geschlossenen Baum- und Strauchgürtel entlang der Autobahn haben die Eingriffe in das Landschaftsbild mittlerweile deutlich gemildert; sie müssten an der Seite der Bahntrasse vollständig beseitigt werden und wären nach Abschluss der Baumaßnahmen durch Neuanlage zu ersetzen. Masten und Stromleitungen sowie eventuelle Lärmschutzwände würden das Landschaftsbild ebenfalls erheblich beeinträchtigen.

Technischer Aufwand

Der technische Aufwand, den ein Bauvorhaben erfordert, beeinflusst sehr stark den Zeitaufwand  und die Kosten des Projektes. Für eine Umgehungstrasse müssten etwa 15 Kreuzungsbauwerke unterschiedlichster Art errichtet werden, von denen die Huntebrücke als Dreh- oder Klappbrücke der größte und technisch anspruchsvollste Posten wäre. Gerade eine Trassenführung unmittelbar neben der Autobahn ist besonders aufwändig. Wegen des bevorrechtigten Eisenbahnverkehrs müssten an der neuen Huntebrücke Warteplätze für den Schiffverkehr vorgesehen werden, die eine Aufweitung der Hunte nötig machten. Diese Maßnahme, aber auch erdstatische Gründe wiederum erforderten einen größeren Abstand der Bahntrasse von der Autobahnbrücke und den enormen angrenzenden Autobahndämmen. Flussaufweitung und das Abweichen der Bahntrasse in die Bornhorster Wiesen  stünden in Konflikt mit dem Natura 2000-Gebiet. Auch die massiven Störungen durch die Bauarbeiten wären unter diesem Gesichtspunkt zu bewerten. Südlich der Hunte folgte mit dem Aufständerungsbauwerk entlang des Blankenburger Sees ein weiteres aufwändiges Brückenbauwerk.

Kostenvergleich Bestandstrasse / Umgehungstrasse

Dass der Rat sich so intensiv mit dem Kostenvergleich zwischen dem Ausbau der Bestandesstrecke und dem Neubau einer Umgehungstrasse befasst hat, ist nur schwer nachvollziehbar. Schon eine oberflächliche Prüfung lässt erkennen, dass erwartungsgemäß die Bestandsstrecke sehr viel günstiger ist. Zum Verständnis muss vorausgeschickt werden, dass die Ausbaustrecke von Rastede aus nur bis zum Hauptbahnhof geht. Die Huntebrücke in Drielake gehört damit also eindeutig nicht dazu. Zudem verläuft die Bestandsstrecke annähernd gradlinig, während die Umgehungstrasse in einem weiten Bogen um die Stadt herumgeführt wird und demgemäß wesentlich länger ist. Für die Stadtstrecke sind zwei Kreuzungsbauwerke (Ofenerdiek, Alexanderstraße) vorgesehen, für die Umgehungstrassen würden ca. 15 notwendig sein, wobei die Huntebrücke allein mit fast 25 Mill. zu Buche schlägt. Nur bei der Umgehungstrasse fallen Kosten für Grunderwerb (über 20 Mill.) und Eingriffsausgleich (über 10 Mill.) an. Die Kosten für die Bestandsstrecke lassen sich recht genau ermitteln, für die der Umgehungstrasse ist das nicht möglich. Die Kostenabschätzung der Stadtverwaltung ergab 128 bzw. bei aufwändigerem Kreuzungsbauwerk 151 Mill. für die Bestandsstrecke, für zwei Varianten der Trasse „Die Linke“ 267 ± 43 bzw. 276 ±44 und für die Seefeldt-Trasse 299 ±45 Mill. Euro. Um die dilettantische Kostenrechnung des Rates völlig ad Absurdum zu führen: Die kostengünstigere Trasse „Die Linke“  führt mitten durch die Donnerschweer Wiesen, einem durch die Polder-Verordnung gesichertem Hochwasserrückhaltebecken der Stadt Oldenburg. Sollten diese Flächen in Anspruch genommen werden, müsste ein Ersatzpolder entsprechender Kapazität geschaffen werden, was allerdings nicht möglich ist. Nun verbleibt  nur noch die teure Seefeldt-Trasse als Alternative, allerdings steht deren Trassenführung wiederum in Konflikt mit der Natura 2000-Konvention (siehe Kapitel „Technischer Aufwand“).  Nun gibt es wohl keine Möglichkeit mehr, die Umfahrungstrasse billiger zu rechnen, denn selbst unter Einbeziehung der Kosten für den Neubau der alten Huntebrücke ist sie nicht billiger, könnte sogar im ungünstigsten Fall sehr viel teurer werden.

Doch was soll diese unsinnige Kostenkosmetik? Die Bahn hat versierte Fachleute für die Kostenberechnung und wird sich von der Stadt nichts vormachen lassen. Sie hatte sehr guten Grund, sich auch aus Kostengründen gegen eine Umgehungstrasse zu entscheiden. Auch brächte die Verlagerung des Verkehrs von der Bestandsstrecke auf eine Umgehungstrasse für die Bahn rechnerisch keinen Gewinn, da sich keine Erhöhung der Kapazität oder Effizienz ergäbe. Im Gegenteil: Es entstünden noch zusätzliche Betriebs- und Unterhaltungskosten für die neue Strecke.

Zeitliche Dimension der Verwirklichung einer Hinterlandanbindung

Nach den Aussagen von Fachleuten muss man für den Bau der Trasse mindestens 20 Jahre ansetzen, da es sich um eine Neuplanung handelt und weder das Vorliegen einer geeigneten Trasse noch deren Lage bekannt sind. Erst wenn eine Trasse bekannt wäre könnten Kostenschätzungen für die Mittelbeantragung vorgenommen werden. Der Weg zu einer Umfahrungstrasse wäre allein schon in der Anfangsphase durch 2 Planfeststellungsvorhaben und die Notwendigkeit ausgiebiger planerischer Voruntersuchungen außerordentlich langwierig. Konflikte mit dem Flächennutzungsplan, mit den Grundstücksbesitzern und -nutzern sowie dem Naturschutz wären absehbar und nur langfristig zu lösen.

Betroffenheiten

Für den Bau einer Umfahrungstrasse müssten im großen Umfang Grundstücke erworben werden,  die von Ihren Besitzern nicht freiwillig aufgegeben werden. Bei bebauten Grundstücken hätte das den Verlust des Heimes, bei unbebauten hätte das bei landwirtschaftlicher Nutzung die Gefährdung der Existenz zur Folge. Gleichwertiger Ersatz dürfte in der Regel nicht zur Verfügung stehen. Da bisher keine Aussagen über einen Trassenverlauf möglich sind, lassen sich keine konkreten Aussagen zu dieser Problematik machen.

 

Akzeptanz der Eingriffe in Natur und Landschaft

Unter Akzeptanz versteht man die Zustimmung zu meist umstrittenen Maßnahmen oder auf der anderen Seite deren Ablehnung. Konkret geht es beim Bau einer Umgehungstrasse um ein Vorhaben, bei  dem jeder Schritt nicht mit dem gesetzlichen Schutz von Natur und Landschaft vereinbar ist. Der Schutz der Natur hat bekanntlich zwei Seiten: zum einen den wirksamen Schutz wertvoller Relikte durch eine Schutzverordnung und spezifische Pflegemaßnahmen und zweitens die Respektierung von Schutzverordnungen, da ein Schutz ohne Dauerhaftigkeit nicht denkbar ist. Das wird auch im Naturschutzgesetz deutlich herausstellt.

 Bei Projekten, mit erheblichen Eingriffen in Natur- und Landschaft verbunden sind,  darf  der Bürger  vom Rat eine  klare und frühzeitige Stellungnahme erwarten. Der Rat der Stadt Oldenburg indes hat zu allen möglichen Aspekten einer Umgehungstrasse Stellung genommen und schließlich eine Umgehungstrasse eingefordert, aber das Thema Schutz von Natur und Landschaft  immer ausgeklammert.  Aber keine Stellungnahme zum Naturschutz ist auch eine Stellungnahme, allerdings eine negative, denn sie macht ein Desinteresse deutlich, eine mangelnde Bereitschaft, der Verantwortung für eine dauerhafte Sicherung zumindest der wertvollsten Relikte nachzukommen. Großflächigkeit ist für Schutzgebiete ein wertbestimmender Faktor, führt aber bei verantwortungslosem Umgang dazu, dass Schutzgebiete lediglich als Flächenreserve für aktuell höher eingeschätzte Nutzungen angesehen werden. In Oldenburg wurde das in diesem Jahr bereits bei der Ansiedlung der Windkraft praktiziert, jetzt stehen erneut erhebliche Eingriffe in der Diskussion. Für den Naturschutz ist dieser Rat eine Katastrophe! Wenn zukünftige Ratsgenerationen genauso wirtschaften, hätte sich das Thema Naturschutz in Oldenburg bald erledigt.

Hierbei wird ganz besonders deutlich, wie wichtig die Naturschutzverbände sind, die ihre Aufgaben dort sehen, wo der weisungsgebundene behördliche Naturschutz nicht tätig werden darf. Sie setzen sich ein, „weil die Natur nicht kämpfen kann“ (so der Slogan der Biologische Schutzgemeinschaft Hunte Weser-Ems). Diese Vereine haben die Anerkennung nach § 60 der NNatG, weil sie „ideell und nicht nur vorübergehend die Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege fördern“. Sie besitzen damit auch ein Klagerecht. Wie wichtig der Naturschutz den Oldenburger Bürgern ist, wird schon dadurch deutlich, dass der Naturschutzbund Deutschland (NABU) allein in der Ortsgruppe Oldenburg 3000 Mitglieder besitzt. Für ihn ist laut Geschäftsführer Rüdiger Wohlers eine Umgehungstrasse der „casus belli“ (Kriegsfall). Auch der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und die Biologische Schutzgemeinschaft Hunte Weser-Ems (BSH) sind in Oldenburg und Umgebung mitgliederstark vertreten. Ihrem Einsatz ist es mit zu verdanken, dass die Bornhorster Huntewiesen gerettet und zu einem der wertvollsten Naturschutzgebiete Niedersachsens werden konnten. Eine Demonstration mit ca. 1 500 Teilnehmer und eine Unterschriftenliste mit nah zu  25 000 Namen beeindruckte den Rat und letztlich auch die Landesregierung.

Die Naturschutzverbände haben bisher zu den Planungen der Stadt und deren Konflikt mit dem Schutz von Natur und Landschaft noch nicht Stellung genommen, obwohl  sie das als ihre Aufgabe ansehen, werden das aber sicher tun.

In der Vergangenheit  waren „Die Grünen“ noch die natürlichen Verbündeten der Naturschutzverbände und mit diesen durch gemeinsame Erfolge verbunden (Exkurs).

 

Exkurs: „Keine Straße durch die Bornhorster Wiesen!“

Gern erinnern  die Grünen von heute an ihre glorreiche Vergangenheit und führen als Erfolgsbeispiel grüner Politik an: „Nach vielfältigem Engagement der Bürgerinitiativen und der GRÜNEN wird die geplante Landesstraße L 65 durch die Bornhorster Wiesen nicht gebaut.“ Am 12.3.19084 berichtet die NWZ: „Einen Widerstand, wie er in Oldenburg bisher noch nicht dagewesen ist,“ will die Ratsfraktion der Grünen gegen den geplanten Bau der L 65 durch die Bornhorster Wiesen organisieren. „Notfalls werden wir uns vor die Planierraupen setzen“, kündigten gestern die Ratsherren Jürgen Herr und Detlev Wiese an.

Mittlerweile haben die Grünen die Seiten gewechselt und befinden sich auf der anderen Seite der Planierraupen. Ihre Ratsfraktion kämpft am intensivsten für eine Trasse durch hochwertige und geschützte Natur und Landschaft. Sie haben speziell für dieses Thema ein Mitglied in den Rat entsandt, das seine Motivation aus der privaten Betroffenheit bezieht und die Interessen der Bahnanlieger auch als Ratsherr offensiv vertritt. Das hat schon eine gehörige Portion von „Geschmäckle“, und was die Grünen als Bürgernähe darstellen, wird von anderen  als Populismus angesehen. Dass dieser Ratsherr zudem für Faktenmanipulation und Täuschung der Öffentlichkeit steht, fällt auch auf seine Partei zurück. Man muss schon zur Kenntnis nehmen: nicht überall, wo „Grün“ draufsteht, ist heute noch  „Grün“ drin.

 

Zusammenfassung

Da noch keine Kenntnisse über die entscheidend wichtige bahntechnische Eignung des Gebietes vorliegen, sind derzeit weder Aussagen über die Machbarkeit einer Eisenbahnumfahrungstrasse noch über deren Lage möglich. Darin stimmen alle Gutachten überein. Sämtliche bisher vorliegenden Ergebnisse beziehen sich auf rein fiktive Trassen, wobei zwischen den fachlichen Aussagen und den den Ratsbeschlüssen zugrunde liegenden Argumentationen deutliche Diskrepanzen vorliegen. Zum Teil wurden die Ergebnisse der Gutachten äußerst fehlerhaft interpretiert, zum Teil sogar gezielt verfälscht  und dadurch die Öffentlichkeit getäuscht.

  1. Nach den Aussagen von Fachleuten muss man für den Bau der Trasse mindestens 20 Jahre ansetzen. Das ist zu lange in Hinblick auf den erwarteten Bedarf der Zwischenzeit und entspricht eher den Anforderungen nach einer Erweiterung, mit der nach Experten „erst in ferner Zukunft“ zu rechnen ist. Falls im abschließenden Planfeststellungsverfahren eine Umfahrungstrasse eine Chance erhalten sollte, müssten allein für das dafür  notwendige neue Planfeststellungsverfahren zehn bis fünfzehn Jahre angesetzt werden, eine Zeit, in der der Hinterlandverkehr über eine Bestandsstrecke ohne Lärmschutz und zusätzliche Querungen mit Brücken oder Tunneln abgewickelt wird.
  2. Übergeordnete Interessen gehen eher dahin, zur Entlastung des Knotens Bremen die Strecke Oldenburg - Osnabrück  heranzuziehen. Dafür wäre keine Umfahrungstrasse  notwendig.
  3. Die Kosten für den Bau einer Umgehungstrasse lassen sich nur sehr grob schätzen (± 15%) und liegen weit über denen des Ausbaus der Bestandsstrecke, selbst wenn man dort die Kosten für den Neubau der außerhalb der Planfeststellungs-Trasse liegenden Huntebrücke in Drielake mit einbezieht. Die preisgünstigere Trasse „Die Linke“ ist nicht realisierbar, da sie durch eine Polderfläche (Hochwasser-Rückhaltebecken) führt.
  4. Obwohl das gesamte Planungsgebiet nahezu lückenlos aus hochwertigen Schutzgebieten besteht, liegen noch nicht einmal  Aussagen über bereits jetzt klar erkennbare gravierende Eingriffe vor. Die Seefeldt-Trasse steht sogar im Konflikt mit dem Natura 2000-Gebiet. Die Frage der Zuwegung zu den Baustellen ist noch völlig ungeklärt, desgleichen der Flächenbedarf für die Baustellen, der weit über den für die Trasse hinausgeht, und das Ausmaß der Störungen durch die Baumaßnahmen und deren Auswirkungen auf die Tierwelt. Für die Erschließung der Baustellen müssten Feldwege im Landschaftsschutzgebiet ausgebaut werden, und die Störungen durch die Baumaßnahmen würden die des laufenden Verkehrs nach Fertigstellung sogar noch übertreffen. Deshalb kann für eine Planung nicht auf eine Umweltverträglichkeitsprüfung verzichtet werden.

 

Fazit

Das derzeitige Wissen über die Machbarkeit einer Eisenbahnumfahrungstrasse ist noch so rudimentär und die bereits verfügbaren Kenntnisse so eindeutig negativ, dass man damit die Einforderung einer Umgehungstrasse nicht begründen kann. Das hatte bereits dazu geführt, dass der Ausbau der Bestandsstrecke als die einzig mögliche Lösung für die Hinterlandanbindung in Angriff genommen wurde. Die zurzeit vorliegenden Kenntnisse geben keinen Anlass, die Richtigkeit dieser Entscheidung in Zweifel zu ziehen. Es wird deshalb auch kaum möglich sein, überzeugende Argumente für die Einforderung einer Umfahrungstrasse im Planfeststellungsverfahren einbringen zu können.

 

Checkliste Umgehungstrasse

?              = es liegen keine oder nur unzureichende Aussagen vor

 -             = negative Beurteilung  gesichert oder voraussehbar

 

Positive Beurteilung durch

                Bahn                                                                                                   -

                Bund                                                                                                   -

                Land                                                                                                    -

                Amt für Verkehr und Straßenbau der Stadt                          -

 

Raumplanerische Bedeutung                                                                      -

Finanzierung                                                                                                   ?

Baukostenosten                                                                                            ? (-)

Folgekosten für Betrieb und Unterhaltung                                             -

technischer Aufwand                                                                                     -

Dauer des Bauvorhabens                                                                            -

Machbarkeit                                                                                                 ? (-)

Geeignete Trasse                                                                                         ? (-)

Grundstückserwerb                                                                                      ? (-)

Folgen für die Betroffenen (Ausgleichsmaßnahmen)                      ? (-)

Flächennutzungsplan                                                                                   ? (-)

Flächen für Baustellen                                                                                 ? (-)

Flächen für Zuwegung                                                                                 ? (-)

Naturschutz und Landschaftspflege                                                    

                Eingriffe (Art und Umfang)                                                          ? (-)      

                 Ausgleichsmaßnahmen                                                 ? (-)

                Konflikt Natura 2000                                     ? (-)

                Konflikt Polder-Verordnung                                                        ? (-)

                Sicherung der landwirtschaftlichen  Betriebe                       ? (-)

                Sicherung der Nutzung der Betriebsflächen                         ? (-)

                Störungen durch Bauarbeiten                                                   ? (-)

                Zuwegung durch LSG                                                                   ? (-)

                Eingriffe in Wälder und andere Gehölze                                ? (-)

                Auswirkungen der Trasse auf das Landschaftsbild             ? (-)

Akzeptanz Bevölkerung                                                                                   -

Akzeptanz

durch Politik