Redebeitrag des stellvertretenden Vorsitzenden der FDP-Fraktion, Prof. Dr. Dr. Roland Zielke, zu Tagesordnungspunkt 13.4 der Ratssitzung am 23. April 2018 - Antrag der CDU-Fraktion "Erhalt der Förderschule Lernen"

c: Stadt Oldenburg

Es gilt das gesprochene Wort!

Redebeitrag des stellvertretenden Vorsitzenden der  FDP-Fraktion, Prof. Dr. Dr. Roland Zielke, zu Tagesordnungspunkt 13.4 der Ratssitzung am 23. April 2018 - Antrag der CDU-Fraktion „Erhalt der Förderschule Lernen“

„In seinem aktuellen Gutachten zur Schulentwicklung in Oldenburg schreibt der Gutachter Dr. Habeck im Leitbild unter Ziel IV – Chancengerechtigkeit - . Ich zitiere:

 “Dazu gehören die Anerkennung der Unterschiede von Menschen und die Stärkung von Vielfalt wie die Beachtung der Individualität: ‚Jedes Kind ist anders‘. „

Zu den Förderschulen gibt der Gutachter  folgende ganz klare Empfehlung. Ich zitiere:

„Erhalt der besonderen, wertvollen Angebote der Förderschule mit dem Förderschwerpunkt Lernen für Schüler mit diesem Förderschwerpunkt unabhängig von der Schulform und von der räumlichen Zuordnung.“

Das ist also ausdrücklich keine Stellungnahme pro Auslaufen der Förderschule mit Schwerpunkt Lernen. Vielmehr bemerkt der Gutachter an anderer Stelle nur trocken, ich zitiere:

 “Die Schule am Bürgerbusch - Förderschwerpunkt Lernen - ist durch politischen Beschluss auslaufend gestellt.“ 

Nun hat die Landesregierung 2017 den Kommunen per Gesetz die Möglichkeit gegeben, die Förderschulen mit Schwerpunkt Lernen noch einige Jahre weiterzuführen. Warum? Es ist immerhin eine SPD-geführte Landesregierung, und die SPD war doch immer die Partei der Inklusion. Warum also? Ich will es ihnen sagen: Weil es mit der konkreten Umsetzung der Inklusion nicht so schnell und reibungslos klappt, wie man es sich erhofft hatte. Leicht beieinander wohnen die Gedanken, doch hart im Raume stoßen sich die Sachen…

Und sehr viele Städte und Gemeinden in Niedersachsen machen von dieser Möglichkeit Gebrauch und lassen ihre Förderschulen noch bis 2028 weiterlaufen, in der Hoffnung, dass dann tatsächlich die Voraussetzungen vorliegen werden, um Inklusion für alle Kinder erfolgreich zu gestalten.

Und Oldenburg? Nun, sagt die Stadtverwaltung zu Recht, wir sind ja in Sachen Inklusion Vorreiter

gewesen, wir sind viel weiter als das Umland. Aber sind wir am Ziel? Oder sollten wir nicht auch in Oldenburg die Chance nutzen, die Bedingungen für erfolgreiche Inklusion an den Schulen noch zu verbessern, ehe wir sie verpflichtend für alle machen?

Wissen Sie, auch der Zeitgeist unterliegt Moden und ist wandelbar, und die Wahrheit von heute ist der Irrtum von morgen. Wer sich vor Jahren einen schönen Diesel-PKW gekauft hat, war damals auf der Höhe des Zeitgeistes. Ob wir in einigen Jahren unseren Blick auf die heutige Form der Inklusion modifiziert haben werden, das weiß heute niemand.

Für uns Liberale, und das unterscheidet uns von  anderen Parteien, steht der einzelne Mensch im Mittelpunkt, mit seinen Bedürfnissen und seinen Schwächen, und nicht irgendeine hehre Ideologie. Wir gehen davon aus, dass Eltern für Ihre Kinder das Beste wollen, die bestmögliche Entwicklung, und dass sie da auch die kompetentesten Entscheider sind. Und wenn Eltern die Wahl haben zwischen zwei guten Schulformen, Förderschule und Grundschule, dann sollten wir ihnen diese Wahl ermöglichen, bis die Vorteile der einen Schulform ganz eindeutig, und auch nach Ansicht der Eltern, überwiegen. 

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Der Antrag der CDU-Fraktion mit den Stimmen von SPD, Grünen und Linken abgelehnt.