Rede von Prof. Dr. Dr. Roland Zielke anlässlich seiner letzten Ratssitzung
Es gilt das gesprochene Wort!!
Sehr geehrter Herr Vorsitzender, sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, meine Damen und Herren,
dies ist für mich die letzte Sitzung im Stadtrat. Zunächst mein Dank an Sie alle, und ebenso gilt mein Dank der Stadtverwaltung. Ich will keine Bilanz ziehen, sondern ein wenig nach vorn blicken.
Politische und gesellschaftliche Themen der letzten Jahre, wie Corona-Pandemie oder Klimawandel, werden uns weiter begleiten. Nicht mehr als Hauptthemen, die alles andere überlagern, sondern eher als bedrohliches Grundrauschen, an das wir uns gewöhnen. Armageddon wird nicht eintreten, jedenfalls nicht aus diesen Ursachen.
Aber eines bereitet mir Sorge, und darüber will ich reden. Meiner Meinung nach werden wir den zunehmenden Einfluss der Digitalisierung auf unser Leben kritischer beleuchten müssen.
Künstliche Intelligenz, Deep Learning und immer komplexere Algorithmen greifen immer tiefer in unseren Alltag ein. Sie ermöglichen das bequeme Einkaufen bei Amazon, das schnelle Nachschlagen bei Google und in ein paar Jahren sicher auch autonome, d.h. fahrerlose, Fahrzeuge. Aber Computerprogramme können auch Entscheidungen über uns treffen, und sie tun es, - zum Beispiel, ob wir bei der Bank einen Kredit erhalten. Maschinen entscheiden über Menschen.
Und das Internet kann uns auch einseitig informieren, kann beeinflussen, was wir für wahr und richtig halten. In der Kakophonie der sozialen Medien von Facebook bis TicToc und Influencern aller Couleur drohen Werte zu zerbröckeln, die unsere Gesellschaft zusammenhalten, wie gegenseitiger Respekt, Toleranz, Freiheit oder Liebe zur Wahrheit, und auch Demokratie. In Blogs bilden sich immer mehr geschlossene Meinungsräume, in denen Lüge, Einseitigkeit, Hass und Hetze ungehemmt wuchern. Emotionen und Empörung lassen sich leichter vervielfachen als jemals zuvor. Am Ende reicht dann die Aufforderung zum Tragen einer Maske als Mordmotiv.
Noch sind unsere gewachsenen demokratischen Institutionen, wie dieser Stadtrat, ein festes Bollwerk der Toleranz und des leidenschaftlichen und zugleich fairen Ringens im optimale Lösungen. Ich wünsche mir und uns allen, dass das so bleibt.