Rede von Jens Lükermann zum "Haushalt 2022"

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Vorsitzender,
Herr Oberbürgermeister,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

wir alle hier haben uns im letzten Jahr für ein ehrenamtliches Mandat im Stadtrat beworben und haben die Ehre von den Bürgerinnen und Bürgern als Interessenvertreter gewählt worden zu sein. Die allermeisten von Ihnen haben sich beworben, weil sie etwas verändern und bewirken möchten. Gerade auf kommunaler Ebene erscheint es der Gruppe FDP/Volt deshalb völlig unnötig so etwas wie einen „Koalitionsvertrag“ zu erstellen. Durch solch einen Vertrag werden viele Lösungen und frische Ideen bereits im Vorwege – und damit meine ich auch in den Ausschüssen – ausgeschlossen und echter Fortschritt gebremst. Politik muss mit überzeugenden Inhalten Mehrheiten gewinnen und darf insbesondere auf kommunaler Ebene nicht entlang von Koalitionszwängen verlaufen. Wechselnde Mehrheiten bieten mehr Flexibilität, bringen gute Lösungen und beleben durch erfrischende, auf Sachfragen bezogene Diskussionen die demokratische Kultur. „Hinterzimmerpolitik“, wie sie gerade von Bündnis 90/Die Grünen und der SPD betrieben wird, verbieten sich in den Augen von FDP und Volt.

Die beiden Mehrheitsfraktionen haben uns ohne Rücksprache mit anderen Gruppen und Fraktionen einen umfangreichen Katalog an Änderungsvorschlägen vorgelegt. FDP und Volt halten viele Ihrer Änderungsvorschläge, insbesondere die einzelne Maßnahmen unterstützenden, für richtig und hätten diese gerne mitgetragen. Z.B. die Sicherung der Fortführung der internationalen politischen Jugendkulturarbeit, der Zuschuss für das Farbenfroh Kulturfestival oder die Berücksichtigung der engagierten Arbeit von „Einfach Kultur“. Auch bei den Klimaschutzmaßnahmen, wie z.B. der erhöhten Förderung von Altbausanierungsmaßnahmen, können wir weitgehend mitgehen.

Manche Änderungen erscheinen uns dagegen nach dem Gießkannenprinzip verteilt zu sein, zumal keine konkrete Verwendung erklärt wird. So wünschen wir uns alle Baumerhalt, für die Strategieentwicklung dafür allerdings 80.000,- € bereit zu stellen, erscheint überdimensioniert. Für dieses Geld kann man schon eine ganze Menge Bäume pflanzen! Ein 100.000,- €-teures-Förderprogramm, das Grün/Rot „Zurück in den Sport“ nennt, klingt zwar ganz blumig, ist aber bisher mit keinerlei Inhalten hinterlegt.

Dass uns das quasi ungebremste Aufsatteln von zahlreichen neuen Stellen, jährlich in Höhe von mindestens 750.000,- €, missfällt, hat mein Kollege Herr Schulz schon erwähnt. Ist es tatsächlich so, dass die Verwaltung für jede neue Aufgabe neues Personal benötigt oder sollte sie nicht auch die Kraft entwickeln aus ihrem großen Pool an engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die passenden Personen zu rekrutieren? Das ist sicher nicht immer, aber häufig, möglich. Als langjähriger Unternehmer kann ich ihnen sagen, dass diese Herangehensweise sogar richtig gute Ergebnisse erzeugt. Wir müssen das Verwaltungspersonal effektiv und sinnvoll einsetzen, um auch in Zukunft die vor uns liegenden, kostenintensiven Aufgaben zu meistern.

Drei abschließende Gedanken, teilweise etwas „off-topic“:

1.
Der Bundesfinanzminister Christian Lindner hat gestern in der Sondersitzung des Bundestags gesagt, ich zitiere wörtlich: „Erneuerbare Energien sind Freiheitsenergien.“ Wie recht er hat. Daher liegt es nahe, darüber nachzudenken, insbesondere den Ausbau von PV-Anlagen auch in Oldenburg um ein Vielfaches zu beschleunigen und dafür auch Geldmittel zur Verfügung zu stellen. Wir sollten keine Gedankensperren zulassen, auch wenn das ggf. auf Kosten von Großprojekten, wie z.B. dem Stadtmuseumneubau, geschieht.

2.
Der Krieg in der Ukraine macht es uns mehr als schmerzlich deutlich: Es ist dringend erforderlich, dass in der Stadt und der Stadtgesellschaft ein größeres Bewusstsein entsteht, dass wir alle nicht nur in einem demokratischen, freiheitlichen, menschenrechtachtenden Europa leben wollen, sondern auch die Werte verteidigen und ausbauen müssen. Deshalb ist es sicher einen Gedanken wert, im Zuge des Erwerbs der vollständigen Anteile der VHS das Gebäude namentlich zu einem Europa-Haus zu machen, um damit auch symbolisch den europäischen Gedanken in der Stadt zu manifestieren.

Und 3.
und zu guter Letzt eine Frage in den Saal: Wann bekommt Oldenburg endlich eine EU-Partnerstadt in Osteuropa?

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit