Rede von Jens Lükermann (Volt) zu TOP Ö 14.1 in der Ratssitzung vom 28.11.2022

Sehr geehrter Herr Vorsitzender, sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, liebe Kolleginnen und Kollegen,

ohne gültigen Personalausweis ist es nicht möglich, sich beim Jobcenter oder bei der Krankenversicherung anzumelden. Auch die Miete einer Wohnung oder die Eröffnung eines Bankkontos sind prinzipiell nur mit Personalausweis möglich. Für obdachlose Menschen, die in den allermeisten Fällen auch mittellos sind, hängt deshalb viel an einem Ausweispapier. Die Gebühren von 37 Euro aufzubringen ist aber für Menschen, die auf der Straße leben und insbesondere für die, die aus dem Leistungsbezug rausgefallen sind, eine große Hürde. Ohne Personalausweis ist der Weg aus der Mittel- und Obdachlosigkeit kaum möglich. Der Hauptmann von Köpenick lässt grüßen.

Die Verwaltung argumentiert, dass Menschen im Leistungsbezug mit 25 Cent pro Monat für Ausweispapiere bedacht werden und es in der Praxis angeblich keine Schwierigkeiten für diesen Personenkreis bei der Beantragung gebe. Bei unserem Antrag geht es aber ja gerade nicht um den größeren Teil der Personen im Leistungsbezug mit einem Wohnsitz, sondern ausschließlich um Wohnungslose, insbesondere um die, die aus welchem Grund auch immer, aus dem Leistungsbezug gefallen sind.

Gerne lenke ich unseren Blick auf den Hamburger Bezirk Mitte, wo bereits seit 2020 erfolgreich das von SPD, CDU und FDP unterstützte Modellprojekt „Gebührenfreie Ausweise für Obdachlose“ läuft. Ich zitiere kurz den Vorsitzenden der dortigen CDU-Bezirksfraktion, Dr. Gunter Böttcher: „Das erfolgreiche Modellprojekt von SPD, CDU und FDP senkt die Hemmschwelle zur Beantragung eines Personalausweises. Wir werden gemeinsam mit dem Bezirksamt und dem Senat prüfen, in welcher Form dieses Erfolgsmodell fortgeführt werden kann.“ Ähnlich äußerten sich auch die Fraktionsvorsitzenden von FDP und SPD.

Wohnungslosigkeit sollte in einer solch reichen Stadt wie Oldenburg eigentlich kein Thema sein, doch leider sieht die Realität etwas anders aus. Unser Ziel muss es sein, Wohnungslosigkeit langfristig zu beenden. Gebührenfreie Personalausweise sind dabei ein kleiner Baustein, um Menschen ohne Wohnung zu helfen.

Die Gruppe FDP/Volt möchte, dass wir hier und heute beschließen, auf die Gebühren für die Ausstellung eines Personalausweises für wohnungslose Menschen zu verzichten. Mit dem Zugang zu einem kostenlosen, regulären Personalausweis erleichtern wir Betroffenen den Weg raus aus der Wohnungslosigkeit.

Und da es sich zum Glück um einen relativ kleinen Personenkreis handelt, dem wir hier helfen wollen, wieder Boden unter die Füße zu bekommen, sind die finanziellen Auswirkungen für die Stadt überschaubar. Ich möchte Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, deshalb bitten, unserem Antrag zuzustimmen und die Ausweispapierbeschaffung für Wohnungslose durch den Wegfall der Gebühren deutlich zu erleichtern. Vielen Dank.