Rede von Benno Schulz zum "Haushalt 2022"

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Vorsitzender,
sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
meine sehr geehrten Damen und Herren,

„eigentlich ist dies keine gute Zeit, um über Geld zu reden. Es gibt Wichtigeres - Gesundheit, Mitmenschlichkeit, die Hoffnung auf ein unbeschwerteres Leben.“ Dies waren die Worte meines Vorgängers, Prof. Dr. Dr. Zielke, der vor einem Jahr – während einer sehr angespannten Phase der Corona-Pandemie – seine Rede zum Haushalt hielt.

Die gewählten Worte finde ich heute passender denn je: Vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine scheint heute jede Debatte über Personalkosten, Investitionen und nicht gänzlich durchdachte Finanzierungen wie eine Petitesse. Unsere, die Herzen und Gedanken aller Demokratinnen und Demokraten sind bei der Ukrainischen Bevölkerung und all denjenigen, die sich tapfer und unter größten Gefahren gegen das Unrecht stellen, das aktuell von der russischen Führung begangen wird.

Die Solidarität ist ein wichtiges Zeichen und humanitäre Hilfe das Gebot der Stunde. Wer will sich angesichts des Krieges in Osteuropa mit vollem Herzen in dem Klein-Klein um einzelne Posten des kommunalen Haushalts ergehen? Im Abgleich fällt zumindest mir das schwer.

Als demokratisch gewählte Ratsvertreter ist es heute aber unsere Pflicht. Und für das Privileg, dass wir dies in einem Rechtsstaat, in Frieden und Freiheit kontrovers aber kollegial diskutieren können, sollten wir jeden Tag dankbar sein.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Haushaltslage Oldenburgs ist gut. So gut, dass sie Raum lässt für Entschuldung und Investitionen in die Zukunft. Wie lange diese positive Haushaltslage allerdings anhält, das scheint angesichts der steigenden Preise im Baubereich, der Inflation und der unüberschaubaren Herausforderungen, die nun vor uns stehen, ungewiss.

Und das sind nur die äußeren Faktoren. Wichtige Projekte stehen an: Der Neubau des Stadtmuseums, der Umbau des Flötenteich-Bades, die notwendigen Unterstützungen für das Klinikum und da waren ja noch eine mögliche Beteiligung an einem Fußballstadion sowie die Innenstadtentwicklung inklusive des Areals in der 91er-Straße.

Mit dem Haushaltsentwurf der Verwaltung liegt uns ein durchaus ausgewogener Plan vor, der die zukünftigen Herausforderungen im Blick behält und maßvoll Investitionen anstößt. Unser Dank gilt daher Frau Dr. Figura, die mit ihren Planungen für die Verwaltung den nötigen Weitblick bewiesen hat und sich unserer Unterstützung sicher sein kann.

Anders die Änderungslisten von Grünen und SPD. Die soeben skizzierten äußeren Herausforderungen setzen ein deutliches Fragezeichen hinter die Haushaltspläne der Mehrheitsfraktionen. Es ist vor allem der Stellenaufwuchs im Verwaltungspersonal, der uns sorgt. Die Ausschreibung derart vieler unbefristeter Stellen wird den Haushalt mittelfristig in eine Schieflage bringen. Darüber hinaus sehen wir Probleme, dass die Sanierung und der Ausbau bestehender Radwege nicht anders als mit einer kleinen Aufstockung forciert wird. Stattdessen werden mit den fünffachen Mitteln Premium-Fahrradstraßen geplant und alles übrige wird nur peu à peu geflickt. Auch die pauschale Verdoppelung des Sonderfonds Klimaschutz ohne konkrete Maßnahmen erscheint uns überzogen.

Überhaupt stellt sich die Frage der Nachhaltigkeit in der Finanzplanung. Wie sieht es denn mit der Nachhaltigkeit aus, wenn zur Kostendeckung eine Anpassung der Parkgebühren in Aussicht gestellt wird, die konkret noch nicht auf dem Tisch liegt und es überhaupt perspektivisch doch weniger Autos in Innenstadtnähe geben soll? Warum sind die neugeplanten Stellen in der Verwaltung größtenteils ohne Befristung, wenn es doch v.a. um Probleme geht, die hoffentlich auf mittlere Sicht Dringlichkeit verlieren

Wir als Ratsgruppe FDP/Volt hätten es sehr begrüßt, wenn die Mehrheitsfraktionen aus Grünen und SPD vor der Einbringung ihrer Änderungslisten den in vorherigen Jahren stattgefundenen interfraktionellen Dialog gepflegt hätten. Ich bin mir sicher, dass alle – vor allem aber der Haushalt – davon profitiert hätten.

Dazu fehlte aber offenbar die Zeit. Dennoch bin ich zuversichtlich, dass der Dialog in den kommenden Jahren gelingen wird und somit zumindest die Chance auf einen mit breiter Mehrheit getragenen Haushalt gewahrt werden kann. Dies ist heute für uns nicht möglich.

Aus den genannten Gründen können wir den umfangreichen Änderungen von Grünen und SPD nicht zustimmen.